gründelsloch Kindelbrück
Westlich der Stadt liegt das angeblich grundlose Wasserloch, das sogenannte Gründelsloch. Die durch ein wunderbares Farbspiel ausgezeichnete und von alten Sagen umwobene Karstspaltquelle schüttet in der Minute ungefähr 15.600 l Wasser und ist damit Thüringens stärkste Quelle. Das fast kreisrunde Wasserbecken von annährend 22 Meter Durchmesser und 9 Meter Tiefe ist mit vielen hohen Bäumen und Gebüsch umgeben. Etwas Faszinierendes ist jedoch das Farbenspiel des glasklaren Quellwassers im Sonnenschein. Im Zentrum des Trichters befinden sich mehrere Öffnungen von 25 bis 30 cm Durchmesser, aus denen das Wasser quillt. Es sieht hier aus, als würde der Sandboden kochen. Das Wasser hat jedoch eine gleichbleibende Temperatur von 10 bis 11 Grad Celsius. Aus dem hohen Kalkgehalt des Wassers (71 deutsche Härtegrad) darf geschlossen werden, dass dieses schon einen weiten unterirdischen Weg durch das kalkhaltige Gestein der Hainleite zurückgelegt haben muss, ehe es hier ans Tageslicht tritt. Wissenschaftlich wird der Erdfall begründet durch eine geologische Störungszone die sich in Zerrüttung, Klüftung, Spaltung und Sprüngen äußert. Letztere bildeten sich infolge von Spannungen aus denen dann im Jahr 1611 der Erdfall urplötzlich eingebrochen ist.
Dieses romantische Fleckchen steht auch im Mittelpunkt vieler Sagen. So wird zur Entstehungsgeschichte erzählt: "War da nämlich einmal ein Fuhrmann mit seinem Geschirr vorübergefahren, als plötzlich ein Erdrutsch geschah, so dass Mann und Pferd in die Tiefe sanken. Das Quecksilber aber, mit dem zufällig der Wagen beladen gewesen war, fraß sich immer weiter in die Erde hinein, bis eben ein ungemein tiefes, ja grundloses Loch entstand".
Wie die Kindelbrücker aber auch zu erzählen wissen, sollen aus dem Gründelsloch all die kleinen Knäblein stammen, die im Städtchen geboren werden. Weiter wird erzählt, dass einmal eine von Greußen her kommende Kutsche samt Kutscher und Insassen im Wasser verschwunden seien. Die schönste Erzählung ist jedoch das Märchen von der guten Gründelslochfee, die es vermochte, dass ein vom bösen Wassermann gefangen gehaltenes junges Menschenkind befreit und seinen Angehörigen wiedergegeben werden konnte.
Eine weitere Saga wurde von M. Stonefield aufgeschrieben: Die Aufzeichnungen nennen das Jahr 1611. Es geschah in der Nacht zu Walpurgis. Einem Hexlein, welches gerade auf dem Wege zum Sabbat am Katzenbuckel - in der Herrnschwender Flur gelegen war, zerbrach der Besen unterm Allerwertesten und es musste auf einem Felde, westlich der Gemarkung Kindelbrück, notlanden. Materialermüdung stellte das Hexlein entsetzt fest und begann, sich mit einem Donnerwetter abzureagieren. Im schönsten Zorne, als sie gerade drei Blitze auf einmal zauberte und ohrenbetäubender Donner die Erde ringsum erbeben ließ, wurde sie eines Fuhrwerkes ansichtig. Das Pferd bäumte auf, und der Kutscher hatte seine liebe Mühe, dass der Pferdewagen bei dem Holterdipolter die Balance hielt. Vor dem Unwetter Schutz suchend, lenkte er sein Gefährt unter eine riesige Kastanie. Er glaubte sich allein mit den Naturgewalten, bis er ein dünnes Stimmchen vernahm und kurz darauf auch des Hexleins ansichtig wurde. Fliehen schien zwecklos, wohin denn auch? Längst hatte die Hexe das Menschenfleich gewittert und gierige Blicke tasteten nach Mann und Roß. Verschlagen, so recht nach einer Hexe Art, stellte sie sich harmlos und der Fuhrmann war froh, in solch einer Nacht nicht allein zu sein. Erst als sie ihm antrug, ihren Besen zu reparieren, ahnte er, wessen Weib er vor sich hatte. Er schlug ein Kreuz und hoffte auf den Herrn. Die Besenreiterin versprach ihm das Leben, wenn er ihr helfen würde. In seiner Not und auch angesichts dessen, dass ihm Gott keinen Engel sandte, machte er sich ans Werk. Er fügte zusammen, was zusammen sein sollte, strich etwas Quecksilber, welches er für eine Apotheke auf seinen Wagen geladen hatte, darüber. Lief etwas davon herunter, schmatzte die Hexe es gierig auf. Der Fuhrmann beeilte sich mit seiner Arbeit und irgendwann war er auch damit fertig. Die Teufelsbraut schwang sich auf den Besen und warf ihm schrill auflachend einen Dukaten zu, der aber, sobald er ihn in der Hand hielt, zu einer großen Spinne ward. Schwarz und haarig, haarig und schwarz kroch sie an ihm hinauf. Er versuchte sie abzuschütteln und es schien auch so als gelänge ihm dies. Und als es ihm wirklich glückte und das Tier zu Boden fiel, zerplatze dessen Körper. Tausende dieser Unterweltgeschöpfe krochen aus ihm haus. Dem Fuhrmann schauderte es und panikartig erklomm er sein Gefährt. Er schwang die Peitsche und über ihm klang es, als lache die Hexe. Und das Lachen wurde zum Urknall. Vor ihm klaffte die Erde auseinander. Roß und Wagen stürzten polternd in die Tiefe, und oh Wunder, starke Baumwurzeln fingen seinen Sturz sanft ab. Ja, es gelang ihm sogar, sich diese um den Leib zu winden, bevor eine Ohnmacht sich seiner annahm. Aber auch die Spinnenbrut fiel in den Abgrund, jedoch ohne großen Schaden zu nehmen, und noch heute klettern sie aus dem dunklen Erdreich ans Licht. Als nun der Morgen kam und erste Sonnenstrahlen des Fuhrmanns Leib küssten, schlug dieser die Augen auf, sah wo er sich befand, erinnerte sich und dankte Gott für das Wunder seiner Rettung. Allmählich tauten auch seine Gliedmaßen wieder auf und er suchte nach einer Lösung, sich aus der noch immer prikären Lage zu befreien. Noch hing er über dem Abgrund, einzig und allein gehalten durch die Wurzelarme der Kastanie, unter der er vor dem Unwetter Schutz gesucht hatte. Wenn Gott ihn hätte sterben lassen wollen, so wäre dies längst geschehen, sagte sich der Fuhrmann und fasste Mut. Mit fast übermenschlicher Anstrengung gelang es ihm, einen Gesteinsvorsprung zu fassen und erst den einen, dann den anderen Fuß darauf setzend, einem Gebirgskletterer gleich, den unwirtlichen Ort zu verlassen. Die Sonne stand schon fast im Zenit, als er endlich außer Gefahr war. Zurückschauend sah er tief unten das, was von Roß, Wagen und Fracht noch übrig war und Tränen füllten seine Augen. Plötzlich blendete ihn etwas, was aus der Tiefe kam. Es war genau in jenem Moment, als die Sonne senkrecht über dem unseligen Trichter stand. Der Fuhrmann sagte sich, dass dies nur das ausgelaufene Quecksilber sein könne und schickte sich an, den Heimweg anzutreten. Das Quecksilber indes fraß sich durch das Gestein bis es auf eine Wasserader unter dem Trichter stieß. Das Hexlein aber, da es an jenem Abend natürlich zu spät zum Hexensabbat auf dem Katzenbuckel erschien und damit ihren Herrn und Meister zur Weißglut brachte, zudem er erfuhr, welch Spielerei sie sich hingegeben hatte, sitzt nun zur Strafe 9.909 Jahre und 9 Tage als Nixe im Gründelsloch ein. Zuerst weinte sie bitterlich, denn sie war noch jung und schön, fand sich jedoch im Laufe der Jahrhunderte in ihr Schicksal. Als sie damals auf dem Grund des Wassers angelangte, fand sie noch einige jener Quecksilberperlen verstreut. Diesmal jedoch aß sie sie nicht auf, sondern sammelte diese zu einem wunderschönen Diadem und steckte es ins moosgrüne, hüftumschmeichelnde Haar. Damit gab und gibt sie dem kristallklaren Gewässer, wenn aus der Tiefe nach oben steigt, das ach so geheimnisvolle Glimmern und Gleißen. Von Zeit zu Zeit holt sich die Nixe auch mal einen Jungen oder ein Mädchen als Spielgefährten auf den Grund. Zur Kurzweil gibt es dann allerei Zauberkunst. Wie aus dem Nichts entstehen bizarre Nebelfiguren und farbige Schleierspiele. Wird irgendwann der Fee das Spiel zu dumm oder auch zu anstrengend, gibt sie das Kind seinen Eltern unversehrt zurück. Aus Dankbarkeit bringen diese der Wasserbraut kleine Blumenkränze und Sträußchen, die das Gründelsloch alsbald zu einem blühenden Garten werden lassen. Sollte es aber jemand wagen, Hand an diesen zu legen, erscheint die Nixe in ihrer ganzen Größe und blassen Schönheit über dem Wasserspiegel. Zornig packt sie den Frevler und zieht ihn hinab in ihr Reich, wo er ihr bis Sankt Nimmerlein dienen muss.